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TIERSCHUTZ

Englische Vollblüter werden seit hunderten von Jahren für den Galopprennsport gezüchtet. Das Laufen liegt ihnen im Blut. Sie lieben es zu galoppieren. Das macht natürlich noch kein (erfolgreiches) Rennpferd aus ihnen, aber es legt den Grundstein.

 

Damit ein Rennpferd in den Rennen Geld verdienen kann, muss es schnell laufen. Schnell laufen tut es aber nur, wenn es das will und psychisch wie auch physisch dazu in der Lage ist. Ein Pferd, das nicht schnell laufen kann oder möchte oder psychisch unter dem Stress des Spitzensports leidet, wird keine Leistung erbringen können und somit auch kein Geld für den Besitzer verdienen (oder zumindest weniger als erhofft). Es macht daher wenig Sinn, Pferde im Rennsport zu belassen, die keine Freude an ihrem "Job" haben. 

 

Das Wohlbefinden der Pferde hat im Rennsport bei Besitzern, Trainern, Reitern und Rennveranstaltern oberste Priorität und die Sicherstellung wird durch strenge Reglemente gewährleistet. 

DAS WOHL DES RENNPFERDES LIEGT UNS AM HERZEN

Doping

Der Schweizer Pferderennsport verfügt über strengste Dopingvorschriften. Verboten sind jegliche Wirkstoffe, die u.a. auf das Nervensystem, Herz- und Kreislaufsystem, den Verdauungsapparat, die Harnwege, Fortpflanzungsorgane oder den Bewegungsapparat wirken. Als absolut verbotene Wirkstoffe gelten zB. anabolisierende Steroide oder synthetische Sauerstofftransporteure. Grundsätzlich gilt Nulltoleranz.

 

Es werden jährlich rund 65 Dopingproben am Renntag genommen. Bei ca. 140 Rennen pro Jahr bedeutet das, das in ungefähr jedem zweiten Rennen ein Pferd in die Dopingkontrolle geht. Welches Pferd es trifft, entscheidet das Zufallsprinzip. Es muss nicht der Sieger sein. Zusätzlich werden auf Anweisung des Vorstandes SPV unangekündigte Dopingkontrollen im Training vorgenommen. Erfreulicherweise kommt es sehr selten vor, dass bei einem Pferd verbotene Substanzen festgestellt werden. Der letzte Fall ist schon einige Jahre her und war auch damals nicht mutwillig sondern wegen kontaminiertem Mischfutter. Primär wird Urin und Blut des Pferdes auf verbotene Substanzen untersucht. Uriniert das Pferd nach dem Rennen jedoch nicht innert nützlicher Frist, entnimmt ihm der Tierarzt nur Blut. Kommt es zu einem Vergehen, wird der Trainer mit einer Busse von CHF 2’000.-- bis 30’000.-- bestraft. In schweren Fällen kann ihm auch für mindestens 6 Monate die Lizenz entzogen werden, was ein Berufsverbot bedeutet.

Peitsche

Im Schweizer Galopprennsport darf nur eine ummantelte, schockabsorbierende Peitsche verwendet werden, damit sie dem Pferd keine Schmerzen verursacht. In allen Rennen muss der Einsatz der Peitsche so gering wie möglich gehalten werden und soll als Hilfsmittel eingesetzt werden.

 

Bis zum 30. Juni 2024 sind noch maximal 3 Schläge während des ganzen Rennens erlaubt. Setzt der Reiter die Peitsche mehr ein oder benutzt er sie auf einem Pferd, welches offensichtlich gewinnt oder auch offensichtlich keine Chance auf einen Spitzenplatz hat, wird er bestraft. Beim ersten Verstoss erhält er eine Busse von CHF 200.-- sowie 2 Tage Lizenzentzug (= Reitverbot), allfällige Gewinnprozente werden von Galopp Schweiz einbehalten. Bei jedem weiteren Verstoss innerhalb eines Jahres verdoppelt sich die Höhe der Busse sowie die Anzahl Tage des Lizenzentzuges. Neben der Anzahl der Schläge ist auch die Art der Verwendung der Peitsche reglementarisch festgelegt. Auch hier wird der Reiter sanktioniert wenn er gegen die Vorschriften verstösst.

 

Ab dem 1. Juli 2024 gilt das Verbot des Peitschengebrauchs. Den Reitern bleibt es erlaubt, die Peitsche im Rennen mitzunehmen. Es gilt zu bedenken, dass einem Rennreiter durch seine kurzen Bügel und der stehenden Position über dem Pferd, jegliche Unterstützung seines Partners durch Sitz-, Gewichts- oder Schenkelhilfen fehlen. Die Peitsche darf darum einzig noch zur Korrektur auf die Schulter eingesetzt werden, nicht jedoch zum Antreiben.

 

Mindestens drei geschulte Rennleitungsmitglieder, denen ein fairer Sport und die Einhaltung der Tierschutzbestimmungen sehr am Herzen liegt, prüfen an jedem Renntag vor, während und nach dem Rennen die Einhaltung der reglementarischen Vorschriften.

Ausrüstungsgegenstände

Welche Ausrüstungsgegenstände im Rennen wie auch im Training bei den Pferden verwendet werden darf, ist abschliessend in einer Weisung festgehalten. Pferde, die unerlaubte Ausrüstungsgegenstände tragen, werden vom Start verwiesen oder disqualifiziert und der verantwortliche Trainer wird sanktioniert. Im Grundsatz kann gesagt werden, es sind keine dünnen und scharfe Gebisse oder solche mit mehr als minimalster Hebelwirkung erlaubt. Ebenso sind im Rennen keine Martingals oder Ausbinder erlaubt. 

Startboxen

Flachrennen werden in der Regel aus Startboxen gestartet. Die Abteil der Startmaschine sind eng, was nicht jedes Pferd mag. Darum werden sie von den Trainern vorsichtig und pflichtbewusst auf diese Situation vorbereitet. Bevor ein Pferd sein erstes Flachrennen läuft, hat es eine Startboxenprüfung abzulegen. Die meisten Pferden lernen schnell, dass ihnen in der Startboxe nichts geschieht und sie gehen ohne Schwierigkeiten in ihr Abteil, warten geduldig bis sich die Fronttüre öffnet und sie wieder rausspringen können. Einige brauchen jedoch etwas Überwindung. In diesen Fällen versuchen die Startboxenhelfer die Pferde mit vorwärtsschieben zu motivieren in die Startboxe einzurücken. Das Reglement hält klar fest, dass jede rohe Behandlung und das Schlagen der Pferde im Rahmen des Startprozederes untersagt ist und bei einem Verstoss sanktioniert wird.

2-jährige Pferde im Renneinsatz

Dass Rennpferde bereits ab zweijährig Rennen laufen dürfen, wird in Tierschutzkreisen immer wieder stark kritisiert. In mehreren unabhängigen Studien durchgeführt über zehn Jahre an 115.000 Vollblütern belegen, dass die Karriere von Rennpferden, die mit gut anderthalbjährig eingeritten werden und zweijährig ihre ersten Rennen laufen, im Schnitt sogar länger ist als von denen, die erst später den Sport eingeführt werden. Begründen lässt sich dies wohl damit, dass sich die Knochenbildung der Belastung anpasst. Als Reaktion auf den Bewegungs- und Belastungsreiz wird die Blutversorgung erhöht, was wiederum zu einer Verbesserung der chondrale Ossifikation (Bildung von «zusätzlichem» Knochengewebe) führt.

 

Wenn man ein Pferd bis zu seinem dritten Geburtstag nur auf die Weide stellt, wird das Skelett an den Weidegang angepasst, aber nicht an die Anforderung für das Training oder das Rennen. Das körpereigene System zum Knochenaufbau wird weitgehend verkümmern. Wird das Pferd dann ins Training genommen, muss es die Gefässversorgung und die Osteoblasten, die den Knochenumbau bewirken, erst wieder aufbauen. Im Gegensatz dazu muss ein Pferd, das bereits im Alter von zwei Jahren trainiert wurde, nur das Gefässsystem und die Zellen, die bereits für das Wachstum (Knochenaufbau) vorhanden waren, neu für den Knochenumbau verwenden. (Larry Bramlage, med. vet. international anerkannter orthopädischer Chirurg für Pferde, Quelle: www.in-the-focus.com).

 

Ausnahmslos alle Studien kommen allerdings zu dem Schluss, dass es am Ende nicht auf das "Ob", sondern auf das "Wie" ankommt. Voraussetzung ist die Reife des einzelnen Pferdes, seine Entwicklung durch gezielte Fütterung und seine mentale Stabilität. Sachgerechtes Training stärkt Sehnen, Muskeln und Knochengerüst. Überforderung hingegen gefährdet die Gesundheit des jungen Pferdes. Kritiker verwenden gerne das Argument, dass Pferde des Geldes wegen früh im Rennsport eingesetzt werden. Dem kann widersprochen werden, denn in Rennsportkreisen ist längst bekannt, dass es sich finanziell auszahlt dem Pferd die Zeit zu geben, die es benötigt um in den Rennsport eingeführt zu werden. In der Schweiz sind 2-jährige Vollblutpferde nicht vor dem 1. August startberechtigt.

Haltung

Die Haltung der Galopprennpferde hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Dass sich die Pferde auf Weiden und/oder Paddocks frei bewegen dürfen und mit Artgenossen Sozialkontakte pflegen können, gehört heute für die Trainer zur Selbstverständlichkeit. Auch Gruppenhaltung ist, insbesondere bei Besitzertrainern, die in der Regel weniger Pferdewechsel haben, längst keine Seltenheit mehr.

Verletzungen

Der Galopprennsport fordert Höchstleistung von den Pferden. Auch wenn sie gewissenhaft 365 Tage im Jahr von ihren Trainern auf diese Aufgabe vorbereitet werden und von allen Seiten grosse Bemühungen unternommen werden, das Verletzungsrisiko zu minimieren, kann es nicht ganz ausgeschlossen werden. Insbesondere Sehnenverletzungen zählen zu den häufigsten orthopädischen Erkrankungen, in seltenen Fällen kommen auch Fissuren (Knochenrisse) oder Frakturen (Knochenbrüche) vor. Insbesondere letztere Verletzung kann aufgrund der anatomischen Beschaffenheit des Pferdes nicht immer geheilt werden. Bekannt ist auch, dass Rennpferde öfters unter stressbedingten Magengeschwüren leiden. Im Grundsatz erleiden Galopprennpferde jedoch keine Verletzungen oder Krankheiten, die nicht auch bei jedem anderen Sport- oder Freizeitpferd vorkommen. Gerade die Thematik der Magengeschwüre wurde viele Jahre lang als reine Galopprennpferde-Erkrankung verbreitet und wahrgenommen. Heute weiss man, dass die Erkrankung bei Freizeitpferden genauso verbreitet ist. Auch treten bei anderen Sport- oder Freizeitpferden häufig Sehnen- und Fesselträgererkrankungen auf oder es kommt durch Weideunfälle oder Schlagverletzungen zu Knochenbrüchen. Im Unterschied zu den Rennpferden geschieht dies meist nicht vor einem grossen Publikum und wird daher von der Gesellschaft nicht wahrgenommen.

 

 

Tierärztliche Betreuung am Renntag

An jedem Renntag ist ein offizieller Tierarzt anwesend, der als Berater der Rennleitung in tierärztlichen Belangen amtet. Er ist verpflichtet, der Rennleitung die Ausschliessung aller Pferde zu beantragen, für welche die Teilnahme aus tierärtzlicher Hinsicht, namentlich infolge Erkrankung, Verletzung oder momentaner Indisposition eine gesundheitliche Schädigung zur Folge haben könnte. Zu diesem Zweck hält er sich vor jedem Rennen im Führring und nach dem Rennen auf dem Absattelplatz auf. Er beobachtet die Pferde zusätzlich beim Aufgalopp und während des Rennens. Neben dem offiziellen Tierarzt haben auch ein Ambulanztierarzt und ein Ambulanzdienst anwesend zu sein. Zu ihrer Hauptverantwortung gehört die Betreuung von erkrankten oder verletzten Pferden. Verletzt sich ein Pferd so schwer, dass es nicht mehr gerettet werden kann, wird es vom Ambulanztierarzt an Ort und Stelle euthanisiert (= eingeschläfert). Die schnelle Erlösung erspart dem Pferd Stress und Schmerzen.

Nach der Rennkarriere

Jedes Jahr beenden durchschnittlich 50 Pferde in der Schweiz ihre Rennkarriere. Trainer oder Besitzer sind angehalten, dem Verband zu melden wann ein Pferd aus dem Rennregister gestrichen wird, warum und was seine künftige Nutzung sein wird. Die Gründe sind vielfältig. Sei es, weil das Pferd keine Freude (mehr) an seinem Job hat, über zu wenig Leistungsvermögen verfügt, in die Zucht wechselt oder weil seine Entourage findet, es hätte nun genug geleistet und soll eine neue, ruhigere Aufgabe erhalten. Die Mehrheit (70 %) davon verlässt den Galopprennsport gesund. Der Altersdurchschnitt der Pferde beträgt dabei 7 Jahre.

 

Dass Galopprennpferde ihre Karriere im Verhältnis zu Pferden anderer Sportarten früher beenden, mag daran liegen, dass das höchste Leistungsvermögen insbesondere bei Flachrennpferden im Alter von 3-6 Jahren liegt. Dabei gilt: keine Regel ohne Ausnahmen. Dass Rennpferde nach ihrer Karriere "entsorgt" werden, kann anhand der Meldungen an Galopp Schweiz widerlegt werden. Leider hält sich diese Behauptung von Rennsportgegnern hartnäckig, doch sind sie schlicht falsch! 

 

Die grosse Mehrheit der Ex-Rennpferde bekommt nach ihrer Karriere ein neue Aufgabe, ob als Freizeitpferd oder in einer anderen Sportart. Erfahren Sie mehr über ehemalige Rennpferde: